Infrastruktur als Commons oder Wir holen uns das Internet zurück (7)
Blogreihe über Elinor Ostroms acht Designprinzipien für Gemeinschaftsressourcen
Wenn wir technische Infrastruktur als Gemeinschaftseigentum verwalten wollen, müssen wir die Prinzipien kennen, mit denen das erfolgreich gelingen kann. Die Politologin Elinor Ostrom hat in empirischen Studien acht Designprinzipien identifiziert, mit denen Commons-Ressourcen erfolgreich verwaltet werden. In dieser Blogreihe stellen wir die Ostrom'schen Designprinzipien vor und wenden sie auf Genossenschaften an.

7. Staatliche Anerkennung
Die staatliche Anerkennung von eingetragenen Genossenschaften ist in Deutschland durch das Genossenschaftsgesetz gegeben. Es gewährleistet den Genossenschaftsmitgliedern das Recht auf Selbstverwaltung, beschränkt dieses Recht aber auch zum Beispiel durch die Pflichtmitgliedschaft in den genossenschaftlichen Prüfungsverbänden.
Das Mindestmaß, das Elinor Ostrom einfordert, ist sicherlich gegeben. Allerdings sollte nicht verschwiegen werden, dass Deutschland kein besonders genossenschaftsfreundliches Land ist. Wir haben dies bereits in unserem Blog beklagt:
»Es gibt in Deutschland, also in dem Land, in dem die Genossenschaftsidee geboren wurde, nur rund 7.500 eingetragene Genossenschaften. In der sehr viel kleineren Schweiz sind es über 8.500. Ermittelt man die Anzahl der Genossenschaften pro 100.000 Einwohner, so ergibt sich eine Kennziffer, die einen Ländervergleich ermöglicht. In diesem Vergleich schneidet Deutschland mit 9 Genossenschaften pro 100.000 Einwohner sehr schlecht ab. In der Schweiz sind es über 99. Wäre Deutschland ein ebenso genossenschaftsfreundliches Land wie die Schweiz, gäbe es bei uns fast 82.600 Genossenschaften, also elfmal so viele.«
Die Situation von Genossenschaften in Deutschland könnte besser sein. Manchmal hat es den Anschein, dass vor allem die öffentliche Hand, Genossenschaften Steine in den Weg legt. So müssen beispielsweise Kommunen, die sich mit vergleichsweise geringen finanziellen Mitteln an einer Genossenschaft beteiligen wollen, die gleichen bürokratischen Prozesse durchlaufen, als wenn sie sich mit mehreren Millionen Euro an einem profitorientierten Energieversorgungsunternehmen beteiligen möchten. Das könnte der Grund sein, warum es die kommunale Selbstverwaltung bisher nicht geschafft hat, in bedeutendem Umfang genossenschaftliche IT-Ressourcen für eine selbstbestimmte Digitalisierung aufzubauen. Stattdessen machen sie sich lieber von privatwirtschaftlichen Unternehmen abhängig oder von landeseigenen Rechenzentren, deren Leistungen sie nur in sehr begrenztem Umfang mitbestimmen können.
Die staatliche Anerkennung von freier Software richtet sich im Wesentlichen nur abstrakt auf die Anerkennung der freien Lizenzen. Freie Software könnte aber auch bei öffentlichen Ausschreibungen bevorzugt werden. Ob hierdurch finanzielle Mittel wirklich zielsicher den Entwicklern freier Software zugute kämen oder lediglich den Unternehmen, die freie Software besonders effizient nutzen, bliebe abzuwarten.
Die Welt der freien Software und der IT-Technik ist groß und komplex, sodass die Frage staatlicher Anerkennung von Commons-Ressourcen bei technischer Infrastruktur besonders wichtig ist. Die Problematik wirft ein Licht auf den nächsten Teil unserer Blogreihe, bei der es um die Vernetzung von Commons-Ressourcen geht.
von Jan Ulrich Hasecke – erschienen am 08.03.2023 – Genossenschaft