Uploadfilter: die Reaktionen der EU-Abgeordneten

Am 18. Juni appellierte der Vorstand der Hostsharing eG an die deutschen EU-Abgeordneten, die beiden Artikel 11 und 13 der geplanten Urheberrechtsnovelle abzulehnen. Am 5. Juli wurde das Mandat des Verhandlungsführers angefochten, sodass nun Änderungsanträge eingebracht werden. Die Uploadfilter und das Leistungsschutzrecht sind damit aber noch nicht vom Tisch. Im September wird das Parlament über die Novelle abstimmen. Als Zwischenfazit möchten wir in diesem Artikel die Reaktionen der EU-Abgeordneten auf unseren Appell zusammenfassen.

Eine Handvoll Textbausteine

Leider traf nur eine Handvoll Antworten in unserem Postfach ein. Individuelle Schreiben befanden sich nicht darunter. Wegen des breiten gesellschaftlichen Protestes gegen Uploadfilter und Leistungsschutzrecht liefen die E-Mail-Postfächer der Abgeordneten über, sodass die Abgeordneten, wenn sie überhaupt antworteten, eine Standardantwort verwendeten oder auf eine Online-Stellungnahme auf ihrer Website verwiesen.

Prof. Dr. Angelika Niebler von der CSU schrieb uns beispielsweise, dass über 60.000 E-Mails allein zu diesem Thema bei ihr eingetroffen seien. Inhaltlich wich sie uns aber aus. Sie antwortete erst nach der Ablehnung des Mandats, sodass sie statt einer Stellungnahme zur Sache darauf hinweisen konnte: »dass nach der Ablehnung des Mandats durch das Plenum des Europäischen Parlaments im September nun für die Abgeordneten die Möglichkeit besteht, Änderungsanträge zu dem Dossier einzubringen, über die dann wiederum Anfang September abgestimmt wird.«

Sie selbst stimmte übrigens für das Mandat und damit für Uploadfilter und Leistungsschutzrecht.

CDU/CSU

Die inhaltliche Position der CSU erläuterte uns Monika Hohlmeier. Ihre Argumentation bestand vorwiegend darin, die Hostsharing eG als nützlichen Idioten von Google und FakeNews-Verbreiter darzustellen:

»Bei Ihrer Kritik gehen Sie leider größtenteils von falschen Annahmen aus, die von Interessenvertretern, im Besonderen vom Großkonzern Google gestreut wurden. Diese haben sich zum Ziel gesetzt, den dringenden Reformprozess für das Urheberrecht zu unterminieren und diejenigen, die kreative Leistungen erbringen oder dafür wirtschaftlich/strukturell verantwortlich sind, um ihre faire Vergütung bringen zu wollen. Ich glaube, es kann nicht Ihre Absicht sein, diese Ausbeutungsmentalität großer Plattformen unterstützen zu wollen.

Im Zweifel unterstützen Sie hierdurch nur die Kampagne, die am Ende den großen Plattformen dient, aber nicht den kleinen und mittleren Verlagen bzw. Kunstschaffenden. Die europäische Kreativindustrie wird hierdurch in die totale Abhängigkeit getrieben. Ich erinnere an den offenen Brief von Axel Springer Chef Matthias Döpfner an Eric Schmidt, damaliger CEO von Google/Alphabet Inc.. Wenn schon der große Konzern Axel Springer sich nicht mehr gegen die Marktmacht von Google durchsetzen kann, wie geht es dann erst einem kleinen Künstler. Einige Kolleginnen und Kollegen im Europäischen Parlament stellen sich auf die Seite der großen Internetplattformen und somit letztlich gegen die Interessen der Kreativschaffenden. Dabei werden all die Klischees von „Zensur“, „Filter“ und „Link-Steuer“ bedient, die angeblich das Internet zum Zusammenbruch und die öffentliche Meinung und die kreative Netzkultur zum Erliegen bringen.

Keiner im Europäischen Parlament will eine „Zensur“, „Filter“, „Link-Steuer“ oder die Beeinträchtigung der Meinungsfreiheit, wie dies plakativ gern unterstellt wird. Und es ergibt sich auch nicht aus den zugrundeliegenden Kompromissen. Wer etwas Anderes behauptet, verbreitet bewusst Falschinformationen und dies auch noch im wirtschaftlichen Interesse und zur Unterstützung der großen Internetplattformen.«

Gut, dass dies hiermit geklärt ist. Wer aus dieser Invektive den Schluss zieht, dass hinter Axel Voss, auf dessen Initiative die beiden strittigen Artikel in der Urheberrechtsnovelle zurückgehen, tatsächlich der Springer-Konzern steht, hat vielleicht lediglich eins und eins zusammengezählt.

Ihre restliche Stellungnahme ist größtenteils eine Abschrift eines gemeinsamen Positionspapiers der EVP-Fraktion, in der die deutschen Unions-Abgeordneten sitzen. Inge Gräßle von der CDU antwortete uns nämlich mit den gleichen Textbausteinen. Sie können auf der Homepage von Prof. Dr. Angelika Niebler nachgelesen werden.

Monika Hohlmeier lässt allerdings in ihrem Antwortschreiben durchblicken, dass sie sich durchaus bewusst ist, welchen Aufwand sie den IT-Unternehmen aufbürdet.

»Wenn es nun dennoch zu einer ungerechtfertigten Verhinderung des Uploads käme, dann müssen die Plattformen ein Verfahren anbieten, dass die Rechte klärt bzw. Beschwerden zügig bearbeitet. Die jeweilige Entscheidung der Plattform darüber, einen Upload zuzulassen oder nicht, kann darüber hinaus noch gerichtlich überprüft werden. Es wird also wirklich jedem Beteiligten und jeder Seite Sorge getragen. Eine Unverhältnismäßigkeit kann ich hier nicht erkennen.

Die Unternehmen sollen also Rechte klären, Beschwerden zügig bearbeiten und sich gerichtlichen Auseinandersetzungen stellen. Genau diesen Aufwand haben wir in unserem Appell als existenzgefährdend für kleine und mittelständische Unternehmen bezeichnet. Außerdem wiesen wir darauf hin, dass solche Auflagen letztlich nur den großen IT-Konzernen nutzen, die diesen Aufwand aus der Portokasse bezahlen können. Statt endlich neue, schärfere kartellrechtliche Möglichkeiten gegen übermächtige Konzerne zu schaffen, werden sie noch gestärkt. Neuen Anbietern würde dagegen der Marktzugang unmöglich werden. Die Union sieht das offensichtlich anders.

Eine etwas differenzierter klingende Antwort erhielten wir von Hohlmeiers Parteifreund Markus Ferber.

»Grundsätzlich sollen mit der geplanten Richtlinienreform künftig die Rechte von Künstlern, Autoren, Produzenten, Verlegern, Rechteinhabern, Konsumenten und Internetnutzern besser geschützt werden. Dieses Ziel begrüße ich natürlich. Doch Maßnahmen, die zu stark in die Nutzungsfreiheit der Internetverwender eingreifen, sehe ich kritisch. Natürlich müssen Urheberrechte geschützt werden, doch dies darf nicht zu Lasten der Rede-, Meinungs- und Kunstfreiheit gehen, die immer noch oberste Priorität haben. Daher müssen Lösungen gefunden werden, die diesen Grundsätzen Rechnung tragen. Für Ihre Bedenken habe ich also Verständnis. Ich werde mich daher dafür einsetzen, dass diese Kritikpunkte noch einmal Eingang in die politischen Diskussionen finden.«

Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, für das Verhandlungsmandat und damit für Uploadfilter und ein Leistungsschutzrecht nach deutschem Vorbild zu stimmen.

FDP

Von Nadja Hirsch (FDP) erreichte uns diese kurze Stellungnahme:

»Wir halten eine Verpflichtung für alle Onlinedienste-Anbieter, jeglichen Content, den User hochladen, zu überprüfen und ggf. zu löschen für überzogen. Solche Uploadfilter sind für kleine und mittlere Unternehmen, neue digitale Geschäftsmodelle und Start-Ups finanziell und administrativ kaum zu stemmen. Beim Leistungsschutzrecht auf europäischer Ebene haben wir ebenfalls Bedenken. Der grundsätzlich verständliche Ansatz, von globalen Internetkonzernen Vergütungen für die Verwendung fremder verlegerischer Leistungen einzufordern, wird leider mit einem allumfassenden Leistungsschutzrecht nicht sinnvoll verfolgt.«

Hoffen wir, dass die Liberalen bei dieser Haltung bleiben.

Die Linke

Eine ebenso klare Stellungnahme erhielten wir von den Linken:

»… mit ihrer Auffassung tragen Sie Eulen nach Athen. Ich habe beide Kampagnen unterstützt, sowohl gegen den Art. 11 - https://www.youtube.com/watch?v=UINqBNzwzTA - als auch gegen den Art. 13 - https://www.youtube.com/watch?v=WZ_3llm9Y-0 Als Mitglied des Kulturausschusses haben ich entsprechende Änderungsanträge gemacht und meine Auffassung in unterschiedlichen Zusammenhängen erläutert. Ich hoffe, so wie Sie, dass der Rechtsausschuss nächste Woche gegen den Art. 11 und den Art. 13 stimmt.

Die Grünen

Sven Giegold von den Grünen schickte uns per E-Mail die Kopie einer Stellungnahme auf seiner Homepage.

Leider stimmten nicht alle Grünen im Parlament gegen den Verhandlungstext.

Giegold verweist in seiner Antwort auf einen Kompromissvorschlag der esthnischen Ratspräsidentschaft von August 2017. Es handelt sich dabei um eine »gesetzliche Vermutungsregel für Presseverlage«, die von den Grünen unterstützt wird.

Wie eine solche Vermutungsregel konkret umgesetzt werden soll, wird man abwarten müssen. Im deutschen Urheberrecht dient sie erst einmal nur zur Identifizierung der Rechteinhaberschaft.

SPD

Von den Sozialdemokraten erhielten wir leider keine Antwort, allerdings stimmte die Fraktion geschlossen gegen den Verhandlungstext. Da die Abgeordneten aufgrund der Fülle der Zuschriften nicht individuell antworten können, können wir es verschmerzen, keine Antwort von den Sozialdemokraten erhalten zu haben. Allerdings hat die Fraktion die Chance verpasst, uns ihre Position zu erläutern. Selbst ein Link auf ein gemeinsames Positionspapier wäre hilfreich gewesen. Wir haben dann immerhin diese Stellungnahme gefunden.

Weitere Informationen

Wer die Entwicklung des Gesetzgebungsverfahrens weiter verfolgen will, sollte die Ausführungen der EU-Abgeordneten Julia Reda (Piraten) verfolgen. Sie hat von Anfang an auf die schädlichen Auswirkungen von Art. 11 und Art. 13 auf das Internet hingewiesen und die geplante Rechtssetzung objektiv nachvollziehbar erklärt.

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