Barcamp zum 25-jährigen Jubiläum
29.12.2025
Am 6. Dezember 2025, auf den Tag genau 25 Jahre nach ihrer Gründung, feierte die Hostsharing eG ihr rundes Firmenjubiläum mit einem Barcamp im Unperfekthaus in Essen. Rund 30 Mitglieder kamen zusammen und diskutierten verschiedene Themen.
Sessionplanung
Barcamps sind Konferenzen mit einem spontan zusammengestellten Programm. Zu Beginn konnten die Anwesenden einen Themenvorschlag für eine Session einbringen. Viele machten mit und schlugen ein Thema vor. Nach einer halben Stunde war der Themenplan gefüllt und das Barcamp konnte starten.
Unternehmer-Erfahrungen mit Open-Source
Jasmin Grah schilderte in einer Session ihre Erfahrungen als Unternehmerin beim Wechsel von proprietärer Software zu freie Software.
Den Stein ins Rollen brachte die Firma Atlassian, die Confluence-Kunden in die Cloud holten. Für Jasmin war das ein Weckruf, denn sie wollte die Hoheit über ihre wertvollen Unternehmensdaten nicht verlieren. So begann sie, sich über freie Software zu informieren und kam schließlich zu Hostsharing.
Die Liste proprietärer Anwendungen, denen sie im Laufe kurzer Zeit den Rücken kehrte, ist lang. Als erstes wechselte sie mit ihrem Unternehmen von Slack zu der freien Ende-zu-Ende verschlüsselten Chatlösung Matrix/Element. Nach dem Wechsel von One Drive und Sharepoint zu Nextcloud entschied sie sich in Abstimmung mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Nextcloud Talk als Chat-Lösung zu nutzen. Matrix erwies sich für die speziellen Bedürfnisse ihres Teams als weniger gut geeignet.
Einen Großteil der Confluence-Funktionen decken Jasmin und ihr Team heute mit xWiki und Question2Answer ab. Die Mandantenfähigkeit von xWiki erlaubt ihr, gegenüber ihren Kunden als Reseller aufzutreten.
Zur Verwaltung von Passworten setzt Jasmin Keepass ein.
Für die Urlaubsverwaltung und Zeiterfassung sowie andere typische Ressourcenplanungsaufgaben kommt ERPNext zum Einsatz.
Weitere Programme, die Jasmin einsetzt, sind Zammad als Ticketsystem für den Helpdesk und Paperless-ngx für die Dokumentenverwaltung.
Für die Akzeptanz im Unternehmen sei es nach ihrer Erfahrung wichtig, die Mitarbeitenden von Anfang an mitzunehmen und ihnen zum Beispiel durch Voting die Möglichkeit zu geben, mitzuentscheiden. Sie habe dabei von Anfang an klar gemacht, dass sie lieber in die eigenen Mitarbeiter als in die Software-Lizenzen fremder Unternehmen investiere.
Die Unterstützung der Transformation durch Hostsharing sei ein Schlüssel zum Erfolg gewesen. Wenn es irgendwo ein Problem gibt, hat sich zeitnah jemand darum gekümmert. Dies sei wichtig, damit sich kleine Störungen nicht zu einem Showstopper auswachsen.
Drupal: Individuelle Webanwendungen mit No-Code
Carsten Logemann stellte das Ökosystem rund um die Software Drupal vor, die wie Hostsharing ihr 25-jähriges Bestehen feiern kann.
Bei der Entwicklung von Drupal wird viel Wert auf die Community gelegt, aus der heraus Zusatzmodule entwickelt werden, die auf drupal.org gepflegt werden. Die lebendige Community sei für Drupal-Anwender sehr wichtig, da sie für Kontinuität in der Entwicklung sorge und zum Beispiel sicherstelle, dass wichtige Zusatzmodule, die verwaist sind, also keinen aktiven Maintainer mehr haben, von anderen Entwicklern weitergepflegt werden.
Aus der Menge der Zusatzmodule hob Carsten die Workfkow Engine von Drupal und ein neues AI-Konfigurations-Tool hervor.
SystemD und Podman: deklarative Container-Verwaltung
Sebastian Schulz zeigte, wie er die Container-Engine Podman mit dem System- und Dienstverwaltungs-Framework systemd steuert. Das sei sinnvoll, da sich über podman-compose und Podman Pods mittlerweile auch mehrere Container orchestrieren lassen, was die Steuerung des Gesamtsystems komplexer gemacht habe.
Systemd löse vor allem die Herausforderungen, die bei der Crash-Behandlung, der Log-Rotation sowie bei Health-Checks und Updates auftreten. In einer Single-Host-Umgebung lassen sich diese Tätigkeiten mit systemd gut automatisieren.
Die Folien und Demo-Skripte seiner Präsentation zu Systemd & Podman mit Quadlet sind online verfügbar. https://gist.github.com/seb-schulz/3c6d4a7687dbdbb9b5d70bfeabfe4043
Ctrl-Alt-F1: Hostsharing im Jahr 2035
Natürlich nutzten wir die Möglichkeit, um mit den Teilnehmenden die Weiterentwicklung von Hostsharing zu diskutieren. Eine erste Session, die aus Vorschlägen von Gerald Wiegner und Michael Hierweck gebildet wurde, beschäftigte sich mit der allgemeinen Zukunftsplanung.
Gerald Wiegner machte zunächst einige allgemeine Bemerkungen zum deutschen Genossenschaftswesen. So könne man in einigen Genossenschaften eine geringe Bindung der Mitglieder an ihre Genossenschaft beobachten, was überraschend sei, da Genossenschaften für eine bedürfnisorientierte Wirtschaft stünden. Leider haben es Genossenschaften im Laufe der Geschichte in Deutschland besonders schwer gehabt. Gab es in der 30er Jahren des letzten Jahrhunderts noch 50.000 Genossenschaften, so seien es heute gerade einmal 8000. Viele Genossenschaften seien zudem zu klein, um eine gesamtwirtschaftliche Wirkung entfalten zu können.
Michael Hierweck nahm diese Bemerkung auf, um auf das kontinuierliche Wachstum von Hostsharing seit 2017 hinzuweisen. Es sei nun an der Zeit, gemeinsam eine Vision für die nächsten zehn Jahre zu erarbeiten.
Es entspann sich eine lebhafte Diskussion, in der vor allem das komplexe Spannungsfeld, in dem sich die Entwicklung von Hostsharing vollzieht, deutlich wurde. So habe die Hostsharing eG aufgrund der Nachfrage von Mitgliedern ihr Dienstleistungsangebot in den letzten Jahren erweitert. Man sei wirtschaftlich diverser aufgestellt als noch vor zehn Jahren. Die Angebotsvielfalt erschwere aber auch den Fokus und erweise sich im Alltag als zeitintensiv.
Der Markt für digitale Dienstleistungen sei zwar ein Wachstumsmarkt, für Hostsharing sei jedoch das größte Wachstumshemmnis der Mangel an Kapital. So sei es traurig, dass Hostsharing Hardware fremdfinanzieren müsse, denn eigentlich wäre es Aufgabe der Genossinnen und Genossen das dafür benötigte Kapital bereitzustellen.
Fühlbar sei der Mangel an Kapital vor allem in der Personalplanung. Chancen auf Umsatzwachstum eröffneten sich insbesondere bei den personalintensiven Beratungs- und Serviceleistungen. In der Vergangenheit sei die Personalkapazität aber nicht mit dem Umsatz gewachsen, weil die Genossenschaft zuerst die Gehälter der Mitarbeitenden auf ein marktübliches Niveau anheben wollte – eine Entwicklung, die leider immer noch nicht abgeschlossen ist.
Hostsharing ist auf dem Weg zum Managed Services Provider. Leider bremse die mangelnde Personalkapazität genau an dieser Stelle das Wachstum aus.
Auch viele wünschenswerte Erweiterungen wie zum Beispiel im Bereich der KI könne die Genossenschaft nur realisieren, wenn die Mitglieder bereit wären, deutlich mehr Kapital in ihr Unternehmen zu investieren.
Um in dieser Situation handlungsfähiger zu werden, wurde unter anderem vorgeschlagen, Mitglieder in die Dienstleistungsprozesse einzubeziehen und einen internen Marktplatz einzurichten, damit die Genossenschaft als Vermittlerin fungieren könne und vom Overhead profitiere.
Odoo/Buchhaltung Enterprise Community
Peter Niederlag stellte das ERP-Framework Odoo und die Odoo-Community vor.
Der Kern der Odoo-Software sei Open-Source. In der Enterprise-Version werde einerseits Hosting, andererseits Zusatzfeatures angeboten. Der Preis belaufe sich auf 20 bis 40 EUR monatlich pro User.
5 Jahre Matrix – ein Erfahrungsaustausch / Ansible
In einer Doppelsession ging es um die Erfahrung mit Matrix und Ansible.
Der LuKi e.V. betreibt seit fünf Jahren einen offenen Matrix-Server mit rund 1000 lokalen Benutzern. Das größte Problem sei die Entfernung von Spam-Postings. Hier helfe ein Policy Server. Viele Moderationsmaßnahmen wie zum Beispiel das Löschen leerer Räume werden über Skripte erledigt.
Matrix selbst laufe performant und zuverlässig. Bei der Skalierung sei die Zahl der lokalen Benutzer weniger wichtig. Größere Last entstehe, wenn große externe Räume besucht werden.
Das Onboarding neuer Teilnehmender sei immer noch aufwändig, da man bei der Ersteinrichtung oft intensiv unterstützen müsse. Eine weitere Herausforderung sei die Dokumentation, die man oft aktualisieren müsse, da sich das System ständig weiterentwickelt.
Der LuKi e.V. pflegt einen eigenen Fork von Element Classic, der unter dem Namen Synod.im in den einschlägigen Appstores verfügbar ist.
Im Anschluss an den Erfahrungsaustausch über Matrix wurden Hostsharing Ansible-Skripte vorgestellt.
Kollektive Klugheit, 100 Jahre Soziokratie
Simon Berg und Martin Dehnke leiteten eine Session über Soziokratie und systemisches Konsensieren.
Nach einer Vorstellungsrunde gab es eine kurze Einführung in die wesentlichen Elemente wie Kreis, Rollen, Leitung, Moderation und Sekretariat, die integrative Entscheidung mit Konsent, die doppelte Verlinkung und offene Wahlen.
Green Software
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Was können wir tun, um mehr Community-Beteiligung zu ermöglichen?
Die zweite Session des Tages, in der es um unsere Genossenschaft ging, stand unter der Überschrift git clone hostsharing. Es ging also um die Möglichkeit, sich an der Code-Produkton der Genossenschaft zu beteiligen.
Bei der Idee handelt es sich um einen lang gehegten Wunsch. Um ihn zu realisieren, müssen jedoch noch einige Vorarbeiten erledigt werden.
So sei es notwendig, alle Repositories in geeignete Sicherheitszonen aufzuteilen. Mindestens drei Sicherheitszone sollten dabei berücksichtigt werden:
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intern für Daten, auf die nur Mitarbeiter zugreifen dürfen, die eine Datenschutzeinweisung erhalten haben,
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mitgliederöffentlich für Daten, die Mitglieder einsehen und bearbeiten können und
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öffentlich für Open-Source-Code wie HSAdmin NG und unsere Ansible Playbooks sowie und öffentliche Daten, wie die Benutzerdokumentation oder unsere Website.
Für mitgliederöffentliche Repositories benötigen wir personenbezogenen Hostsharing-Accounts, an deren Realisierung das Team bereits arbeitet.
Generell müsse es für Hostsharing-Repositories eine Qualitätssicherung, ausreichend Dokumentation und eine Policy für die Behandlung von Pull-Requests geben. Alle Prozesse sollten dabei weitgehend automatisiert werden können.
Wir haben auch über die Nutzung einer bestehenden Code-Hosting-Plattform wie zum Beispiel Codeberg diskutiert.
Eine Entscheidung wurde vertagt. Am 6. Januar soll aber der Arbeits-Fortschritt an den personenbezogenen Hostsharing-Account evaluiert werden, um über das weitere Vorgehen zu entscheiden.
In der Session wurde des Weiteren angeregt, den Usergroup-Stammtisch via Video wieder aufleben zu lassen, der wegen des geringen Interesses eingeschlafen ist. Außerdem wurde erneut der Wunsch nach einem Mitglieder-Register auf der Website geäußert.
Abschluss-Keynote: Wie alles begann.
Zum Abschluss des Barcamps kam Gründungsmitglied und Aufsichtsrat Michael Hönnig zu Wort. Er erzählte, wie es zur Gründung von Hostsharing kam und vor welchen Herausforderungen die Genossenschaft in den ersten Jahren stand.
Abschließend nutze die Gelegenheit, um die Anwesenden daran zu erinnern, dass eine Genossenschaft durch ihre Mitglieder lebt. Hostsharing sei kein anonymer Dienstleister, bei dem man einfach Leistungen buche, sondern eine Gemeinschaft, in der man sich in vielfältiger Weise engagieren könne. Erst durch dieses Engagement sei die Genossenschaft zu dem geworden, was sie heute ist.